Bei einem Erbfall in den Niederlanden gilt das niederländische Erbrecht.
Testamente werden in den Niederlanden in einem zentralen Testamentsregister eingetragen, das jedermann zugänglich ist. Gibt es kein Testament gilt die gesetzliche Erbfolge.
Ein Erbschein oder europäisches Nachlasszeugnis wird anders als in Deutschland von einem niederländischen Notar erteilt. Nicht selten erhalten deutsche Erben bei einem niederländischen Erbfall darum ein Anschreiben eines niederländischen Notars mit der Frage, ob sie die Erbschaft annehmen wollen und wenn ja, rein oder nutznießerisch. Was bedeutet das?
Ausschlagung, reine Annahme oder haftungsbeschränkt?
In den Niederlanden hat ein Erbe nicht nur die Wahl, die Erbschaft anzunehmen oder auszuschlagen. Er kann sie auch mit einer Haftungsbeschränkung annehmen. Das nennt man im niederländischen Recht eine "nutznießerische" Annahme („beneficiaire aanvaarding“). Nur bei einer reinen Annahme ("zuivere aanvaarding") haftet der Erbe für Schulden des Erblassers mit seinem Privatvermögen. Bei einer nutznießerischen Annahme haftet er für diese Schulden nur mit dem Nachlass. Reicht der Nachlass nicht aus, die Schulden zu decken, entsteht dem Erben aus dem Annahme kein Nachteil. Dabei ist der Erbe allerdings verpflichtet, den Nachlass zugunsten der Gläubiger sorgfältig zu verwalten. So muss der Erbe ein vollständiges Verzeichnis der Nachlassgegenstände erstellen. Tut er das nicht, kann er für die Nachteile haften, die einem Gläubiger daraus entstehen.
Für eine Ausschlagung oder eine haftungsbeschränkten Annahme des Erbes muss der Erbe sich ausdrücklich erklären. Lesen Sie hier zur Ausschlagung oder zur haftungsbeschränkten (beneficiaire) Annahme.
Erbschaft und Pflichtteilsanspruch
Gesetzliche Erben sind der Ehegatte und die Kinder des Erblassers zu gleichen Teilen.
Nach deutschem Erbrecht wird der Erbteil des länger lebenden Ehegatten erhöht um den gesetzlichen Zugewinnausgleich. Anders als in Deutschland ist in den Niederlanden die Gütergemeinschaft der gesetzliche Regelfall. Verstirbt ein Ehegatte, dann muss zunächst die eheliche Gütergemeinschaft verteilt werden. Das verbleibende Vermögen des Erblassers geht dann zu gleichen Teilen auf die Erben über. Hinterlässt ein Erblasser eine Ehefrau und zwei Kinder, erhält die Ehefrau zunächst die Hälfte des ehelichen Gesamtvermögens und erbt anschließend neben den beiden Kindern zusätzlich ein Drittel von der anderen Hälfte dieses Vermögens.
Die Kinder des Erblassers, die neben dem länger lebenden Ehegatten erben, können ihren Erbteil nach dem Gesetz erst geltend machen, wenn auch dieser Ehegatte verstirbt. Außerdem erhält der Ehegatte am Hausrat und der gemeinsamen Wohnung ein gesetzliches Nießbrauchrecht auf Lebenszeit. Der Ehegatte muss den Nachlass verwalten, darf den Nachlass aber auch verbrauchen und aufzehren. Er schuldet den Kindern dafür einen in Geld bemessenen Ausgleich in Höhe des Erbteils, aber auch dieser Anspruch wird erst im Zeitpunkt des Versterbens des Ehegatten fällig.
Bei Enterbung hat ein Kind Anspruch auf einen Pflichtteil, in Form einer Geldsumme in Höhe des hälftigen Erbteils. Der Anspruch auf den Pflichtteil muss innerhalb einer Ausschlussfrist von fünf Jahren nach dem Erbfall geltend gemacht werden.